Barbara Neußer
"Es war einmal-50Jahre Leben.
Assoziationssprache von Farbe und Form.
II. Zu meinen Bildern
Meine Bilder sind keine dekorativen Kunstwerke, wie man Marc, Macke, Klimt, Hundertwasser o.a. ansehen könnte. Deren Intention weicht weit von dem ab, was mich antreibt, was seit Duchamp, Dada und Max Ernst begonnen hat.
Das, was Sie sehen, ist aus mir heraus gekommen. Da gibt es keine Vorlage, keine Idee, was werden soll. Da war nur Gefühl, das raus musste. Aber wie das mit Farbe in Form und auf die Leinwand bringen? Wie sieht Wut aus, wie Resignation, welche Farbe hat Angst, Verlassenheit, Trauer, welche Form hat es, wenn man das Gefühl hat, nicht zu wissen, wer man ist? Und so begannen sich allmählich Bilder in meinem Kopf zu formen, indem ich auch den Assoziationen freien Raum ließ.
Manche meiner Bilder haben Titel erst im Nachhinein, nach Abschluss und Überschlafen bekommen, wie z.B. „Haltlos“ oder „Sinnlichkeit“. Andere Titel ergaben sich aus dem Entstehungsprozess, wie „Manifestierte Tränen“ oder „Durchkreuzt“.
„Zorn“ und „Sprachlosigkeit“ (nicht ausgestellt) wiederum sind Bilder, deren Titel die Bildgestaltung bestimmt haben.
Von mir vorgegebene Titel sind aber nicht bindend für den Betrachter.
Die Frage „Was soll das sein?“ oder „Was hast Du dabei gedacht?“ sollten Sie austauschen gegen „Was sehe ich?, Was fühle ich?“. Die Bildassoziationen, die die Titel bei Ihnen hervorrufen, sind wichtig. „Kann ich über das Bild ein Gefühl nachvollziehen? Was spricht mich an, was nicht?“.
Ich bin, wie viele andere, „Freizeitmalerin“. Deshalb sehe ich mich nicht in einer Maltradition arbeiten, wie sie meinetwegen auf der art.cologne oder der documenta in Kassel zu finden sind. Zu definieren, wozu Kunst gut ist, welche Ausdrucksformen sie haben sollte, wird schwieriger denn je. Aber dass sie immer Mittel ist, Wandlungen im gesellschaftlichen, politischen, sozialen und emotionalem Leben darzustellen, wird bleiben. Und der besondere Aspekt, zu mahnen, nichts zu beschönigen, herauszufordern, sichtbar zu machen, hinzuschauen, wo andere weggucken, wird nie enden. Mit dem Ausdruck „Zeitgenössische Kunst“ wurde ein Begriff gefunden, der dem hohen moralischen Anspruch der Kunst und an ihr, nur vage gerecht wird.
Meine „Nische“ hier ist die Freiheit, jetzt meine Gefühle anzuschauen, ihnen Raum zu geben, sie sichtbar zu machen.
Dass ich außerdem mit meinen Bildern Geld verdienen möchte – warum nicht?
Aber das Wichtigste ist die geistige Anregung, die Kontakte mit Gleichgesinnten und das Gefühl, etwas Sinnvolles, Erfüllendes, Fortbestehendes schaffen zu können. Und ich selbst zu sein. Das, was ich fühle: Künstlerin.
Barbara Neusser
Siegburg, 15. Mai 2014